Flug

 

Lange  kauerte das Wort

im Drachennest

   fast vergessen

festgefahren  im Zeitenschnee

zwischen Quelltextspalten

   geschichtet

   glutverpresst

trotz  oder wegendem

   unfrei

nur umgeben

von ständig talwärts wandernden

   Sprachbildern

lange

   bis in der Frühe

schließlich   sein Feuer

unvermutet gelesen wurde

und vollständig

der Länge nach  aus der Zeile fiel

geschrieben

   durch den trüben Spiegel drang

die Flügel

weit spannte  breitete

ja   sich selbst

das Meer  die Welt  erkannte

Mein Herz

 

ein Wildwuchs aus

leuchtenden Farben,

stark, umsäumt

vom zeitlosen Meer.

Solange ich träume,

wird´s weiter schlagen,

Perlen fischen,

sie sammeln, bewahren,

das Siegel bleibt

dabei unversehrt.

Für diese Freiheit

nahm es Stürme in Kauf,

lernte den Himmel,

die Sterne zu lesen,

studierte die Winde,

der Flüsse Lauf,

ja hat für mein Pferd

eine Hütte gebaut:

Im Schatten am See,

unter´m Radar.

Licht

 

Weder

gegründet

noch

verwurzelt

wächst du

durch

die Zeit

Nur Fenster

Nur Tür

Farben sind

dir Raum

genug

Herznah

 

Transparent und mit Reimen beschriftet

falte ich mir meine Traumgedanken

zu achttausend nachtblauen Schiffchen.

Wortwankend und wunschverträumt

der Kapitänin ans Herz gelegt, angelegt,

ja herznah verankert, sicher vertäut.

Bald strafft sich im Mondlicht das Segel.

Wolf

 

Mein Herz

sehnt sich.

Nach Einsamkeit

verlangt es

meine Seele,

nach einem Ort,

wo Raum und Zeit

ganz still

einander

sich begegnen,

wo die Welt

schweigt,

nichts will.

Erwacht,

versüßt du mir

den Schmerz.

Seh´dich,

ist Wolfszeit.

Blau

 

Unausgesprochenes entgleitet,

wird Ausdruck eines fernen Traums.

Getrennt vom Übermaß an Weite,

das Weiterem entgegenschweigt,

ist alles Meergewand, ist alles Blau.

Ein Finden und ein Neubestimmen.

Einzig mein Herz ist mir ein Haus.

Worte

 

Reimen sich

zu Gedichten,

Worte schreiben

Geschichten.

Worte können

Waffen sein,

auch ohne

Waffenschein.

Doch verletzen

will ich nicht.

Worte sind mir

eher wie Farben.

Wie Balsam

heilen sie Narben,

und manchmal

sprechen Worte

auch Bände.

Doch eines, eins

können sie nicht:

So unendlich

vielsagend

schweigen wie

deine Hände.

Morgen

 

Der Morgen pocht

an meine Tür

bin wach -

will er zu mir?

Manchmal

(gestehe ich mir ein)

wär´ ich

bei seinem täglichen

Erscheinen

ganz gern verreist.

dann fände er

mein Bett verwaist

und ich

wäre nicht hier.

Es gibt da noch

den ander´n Morgen

- bei dir -

den kann ich

sehr gut leiden.

Heilen

 

Ist wie

im Mondlicht

stehen.

Von Gezeiten

umspült.

Ohne

Kompass App.

Dafür

den Leitstern

im Rücken.

Dunkel

wiedererinnern.

Umarmt.

Blütenmeer

 

Gedankenverloren bin ich gern -

streue die Samen auf die Wiese,

auf dass ich sie im nächsten Jahr

dankend als Blütenmeer genieße.

Herz

 

Mein Herz ist

ein Nest.

Holunderfarben.

Angehaucht

von Blütenschnee.

Schwalben:

Reisende Pfeile

im endlosen

Kuppelbau

des Sommers.

Winter ist

im anderen -

da draußen.

Dorthin will ich

Licht werfen.

Regen

 

Nicht,

dass die Worte

mir entgleiten,

sie mögen fallen,

rauschen

wie ein Regenlied,

das jetzt,

in diesen kühlen Zeiten

mein Herz

in seinem Troste wiegt,

ein Trost,

der wie ein Vogel kam

geflogen,

so federleicht,

so blütenzart,

so hast du ihn

in meine Seel´

gewoben.

 

Vogel 2004 Aquarell Copyright Petra Booms
Vogel 2004 Aquarell Copyright Petra Booms